Reisebericht Ruanda: In Kibuye am Kivusee

Reisebericht Ruanda – Schatten der Vergangenheit

Ruanda, der kleine, dicht besiedelte Binnenstaat wird auch Land der tausend Hügel genannt. Thematisch stehen in Ruanda Gorillas und der Genozid an den Tutsi im Vordergrund.

Da der Eintrittspreis zum Besuch der vom Aussterben bedrohten Berggorillas mal eben auf schlappe 1500 US-Dollar pro Person verdoppelt wurde, haben wir schweren Herzens darauf verzichtet und uns intensiv mit Ruandas schwieriger Geschichte auseinandergesetzt.

Genozid in Kürze

Die Bevölkerung Ruandas besteht etwas vereinfacht ausgedrückt aus einer armen Hutu-Mehrheit und einer deutlich wohlhabenderen Tutsi-Minderheit. Diese ohnehin schon ungleiche Verteilung wurde durch die Kolonialmächte – Deutschland und nach dem ersten Weltkrieg Belgien – zusätzlich rassenideologisch aufgeladen und die Tutsi zu wertvolleren Menschen erhoben. Dadurch sind im Laufe der Jahrzehnte immer wieder gewaltsame Konflikte entstanden. Auch der nicht enden wollende Bürgerkrieg in Burundi beruht darauf.

1973 übernahm Juvenal Habyarimana in einem Putsch die Macht in Ruanda und versuchte wohl zunächst, die Spannungen zwischen Hutu und Tutsi zu befrieden. Im Verlauf änderte sich seine Haltung und zu Beginn der 90er machte er zunehmend Stimmung gegen Tutsi. Als am 06. April 1994 das Flugzeug mit Habyarimana und dem burundischen Präsidenten Ntaryamira im Landeanflug auf Kigali von Bodenraketen abgeschossen wurde, entlud sich die Gewalt.

Hundert Tage lang töteten Hutumilizen Tutsi und gemäßigte Hutus. 500 000 bis eine Million Menschen kamen dabei ums Leben. Auf martialische Art und Weise wurden die Menschen mit Macheten und Nagelbrettern regelrecht abgeschlachtet. Die Straßen waren gefüllt mit Leichen. Die Weltgemeinschaft sah tatenlos zu. Die ruandische patriotische Front unter dem jetztigen Präsident Paul Kagame konnte schließlich die Hutumilizen zurückschlagen und das Töten beenden.

Das Thema ist vielschichtig und schwer zu beurteilen. Die Rollen vieler Beteiligter, einschließlich des Präsidenten Paul Kagames selbst, bleibt unklar. Einen guten Überblick gibt Wikipedia. Wer mehr wissen will, sollte unbedingt den Augenzeugenbericht des UN-Generals Romeo Dallaire’s »Shake hands with the devil« lesen.

Gedenkstätten

In der ruandischen Hauptstadt Kigali gibt es ein Genozid Memorial Center mit einer interessanten Ausstellung zur Geschichte. Der Besuch dort hat uns sehr berührt. Zunächst überwog die Bewunderung dafür wie schnell es Ruanda nach diesem Massaker gelungen ist, zu einer Normalität zurückzukehren und Hutu und Tutsi nun in Frieden zu leben scheinen. Doch je länger wir im Land waren, desto bedrückender und auch unheimlicher haben wir die Stimmung empfunden.

In praktisch jedem Ort durch den man kommt, gibt es Gedenkstätten, wo man, wie zum Beispiel in Ntarama, Kirchen besuchen kann, in den die Menschen Zuflucht gesucht haben und trotzdem umgebracht wurden. Reihenweise Knochen und Schädel erinnern daran. Das macht die Geschichte überall präsent und führte bei uns dazu, dass wir häufig die schöne Landschaft voll mit Leichen imaginiert haben.

Denkt man objektiv darüber nach ist es doch so: der Genozid ist gerade mal 23 Jahre her. Das heißt alle über 30 haben das Massaker bewusst erlebt, haben auf Opfer oder Täterseite Anteil daran gehabt. Müssen traumatisiert sein. Und was können die nun ihren Kindern mitgeben. Wir bezweifeln also, dass die Wunden schon so verheilt sind, wie es das Memorial Center in Kigali glauben machen möchte.

Und die Weltgemeinschaft kompensiert ihr schlechtes Gewissen mit einem Überangebot an Entwicklungshilfe. Jedes zweite Auto, das uns überholt hat, gehörte zu einer Hilfsorganisation.

Reisen in Ruanda

Ruanda ist ein kleines Land mit außergewöhnlich guten Teerstraßen, was das Reisen theoretisch leicht macht. Trotzdem fährt man meist nur 50 km/h, weil es entweder Berge rauf und runter geht – wir erinnern uns »Land der tausend Hügel« – oder Menschen auf der Straße sind – Stichwort dicht besiedelt. Von Kigali aus sind alle touristischen Attraktionen in weniger als drei Stunden zu erreichen. Nachteil ist, dass die Sehenswürdigkeiten für unseren Geschmack zu teuer sind und es praktisch keine Infrastruktur für Selbstfahrer gibt. Campingplätze sucht man meist vergeblich.

Grenzübergang Tansania – Ruanda (Rusumo Falls)

Das ist ein One-Stop-Border-Post. Übersetzt bedeutet das, man kann alles in einer Halle erledigen. Hier war nicht viel los, drum ging es schnell mit den Formalitäten. Auschecken in Tansania. Carnet für unseren Landy stempeln lassen. Ähnlich wie bei der Einreise wusste auch hier der Zollbeamte genau wie das Carnet zu handhaben ist.

Für Ruanda hatten wir online ein Ost Afrika Visum erhalten. Ging schnell und unkompliziert. Schon am nächsten Tag nach Online Antrag hatten wir unser Visum. Das Visum gilt für Ruanda, Uganda und Kenia für 90 Tage und kostet 100 Us-Dollar. Innerhalb der drei Länder kann man soviel man will hin und her reisen, verlässt man aber diese ostafrikanische Gemeinschaft muss man bei Wiedereinreise ein neues Visum beantragen. Carnet auf ruandischer Seite stempeln lassen. Fertig. Dann war die Überraschung groß als wir plötzlich wieder rechts zu fahren hatten. Nach sieben Monaten Linksverkehr!

Urugo Womens Opportunity Center

Glücklicherweise sind in Ruanda mehr Menschen als Autos auf der Straße, so dass wir ohnehin meist in der Mitte der Spur gefahren sind. Rechtsverkehr – Linksverkehr spielte also keine große Rolle. Trotzdem trauten wir uns nicht direkt in den Großstadtverkehr und gönnten uns eine Nacht Pause im Urugo Womens Opportunity Center etwa 70 km vor Kigali.

In diesem Projekt bekommen Frauen eine Ausbildung und in dem Zentrum selbst gibt es ein Cafe und ein Restaurant, einen kleinen Shop, ein ziemlich großes Konferenzzentrum, Bungalows für Übernachtungsgäste und eben auch einen kleinen Campingplatz. Nach einer kurzen Verhandlung konnten wir für 20 US-Dollar unser Hubdach aufklappen. Die Duschen waren heiß und die Komposttoiletten recht gepflegt. Kaffee, Schokobrötchen und die Pizza am Abend sind uneingeschränkt zu empfehlen. Und man tut dabei sogar noch ein gutes Werk.

Kigali, die Hauptstadt

Sofort fällt auf: hier herrscht Zucht und Ordnung. Die Stadt ist trotz über 1,2 Mio Einwohnern außergewöhnlich sauber und aufgeräumt. Da mag helfen, dass Paul Kagame jeden dritten Samstag im Monat zum gemeinsamen Putzen einlädt. Und gelegentlich wohl auch selbst mit anpackt. Überall stehen Polizisten oder Soldaten und an jeder Mall gibt es ausführliche Sicherheitscheck und Sprengstoffkontrollen. Aus mehreren Quellen wurde uns berichtet, man könne sogar bei Nacht durch die Stadt laufen. In Afrika!

Campen kann man theoretisch im Discover Ruanda Youth Hostel. Praktisch steht man allerdings auf einen kleinen Parkplatz eingeklemmt zwischen Overlandertrucks. Laut soll es noch dazu sein. Sagen alle. Da haben wir direkt die Flucht ergriffen. Das Kings Guest House baut seinen Campingplatz leider erst noch, weshalb wir 30 US-Dollar im Rohbau ohne Dusche zu teuer fanden.

Letztlich sind wir im 2000 Hotel abgestiegen. Das ist eigentlich ein Businesshotel für Chinesen, die sich ja bekanntlich gerade kreuz und quer durch Afrika teeren. Das Bamboo Rooftop Restaurant hätte ein Hinweis sein können. Trotzdem waren wir mit unserer Entscheidung zufrieden. Wir waren mitten in der Stadt, das Personal freundlich, unser Landy Elise stand sicher in der Tiefgarage, das chinesische Essen war richtig lecker und vom Restaurant im 7. Stock hatte man einen tollen Blick über Kigali bei Nacht.

Von hier aus konnten wir die Stadt zu Fuss entdecken, die hinter der Fassade genauso quirlig und chaotisch ist wie jede andere afrikanische Großstadt. Neben dem Memorial Center gibt es nicht besonders viel zu erleben. Empfehlung unsererseits: Einkehren im Shokola über der Stadtbücherei. Der Cappucino ist erste Sahne. Im Baso gibt es himmlische Burger.

Lake Kivu im Westen

Dieser See war uns bisher eigentlich nur von den nicht endenden Gefechten zwischen Ruanda und Kongo ein Begriff. Diese scheinen wohl vor allem im Norden auf kongolesischer Seite bei Goma stattzufinden. Schon kurz hinter der Grenze bei Giseny sei alles friedlich. Wir haben uns trotzdem – sicherheitshalber – für den Ort Kibuye in der zentralen Kivuregion entschieden. Der See liegt wunderbar eingebettet in eine herrliche Bergregion und lohnt den Abstecher. Allerdings gibt es auch hier keine vernünftige Campingmöglichkeit.

Wir standen beim Hotel Bethany. Für umgerechnet 12 Euro war es schon in Ordnung. Der Blick auf den See war sensationell. Aber das war es dann auch schon. Wir standen auf einem schmalen Bergvorsprung neben dem Restaurant, wo wir die Toiletten benutzen durften. Die Dusche war kalt und ultraschrabbelig. Campingalternative wäre theoretisch im Holiday Hotel gewesen. Die haben einen richtigen Stellplatz am See. Der war nur leider von partywütigen Einheimischen besetzt. Und wir hätten zur Campingplatzgebühr noch ein Zimmer zusätzlich bezahlen müssen, um dort das Badezimmer zu benutzen. Der Sinn dahinter hat sich uns nicht erschlossen.

Musanza im Norden

Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Volcanos Nationalpark, wo man, wenn man richtig viel Geld in die Hand nehmen will, eine Stunde Berggorillas beobachten kann. Wir haben versucht, umsonst einen Blick auf die Vulkane zu erhaschen, die lagen aber leider tief in den Wolken versteckt. Immerhin gibt es hier einen richtigen Campingplatz. Das Red Rocks Community Camp. Die Gäste waren überwiegend amerikanische Volunteers, die den Einheimischen so wichtige Dinge wie Cocktailmixen beigebracht haben.

Ruandas Nationalparks

Die Parks sind ähnlich wie das Land selbst klein und haben stark unter dem Bürgerkrieg gelitten. Die Tierbestände erholen sich zwar langsam, doch für das Angebot waren uns die Parks eindeutig zu teuer. Zumal wir gerade aus der Serengeti kamen. Das setzt die Messlatte natürlich hoch.

Volcanos Nationalpark

Im Norden. Hier leben die berühmten Berggorillas, die sich allerdings im gesamten Dreiländereck Ruanda, Uganda und Kongo rumtreiben. In Uganda kann man die Primaten für immerhin »nur« 600 US-Dollar im Bwindy Impenetrebale Forest oder Mgahinga Nationalpark besuchen. Oder im Kongo im Virunga Nationalpark als Paket zum Beispiel von Green Hills Ecotours Gorillas mit Vulkanbesteigung für 800 US-Dollar buchen. Hier ist allerdings die Sicherheitslage aufgrund des anhaltenden Bürgerkriegs und Gefechten mit Ruanda immer wieder angespannt. Leider lagen alle drei Varianten über unserem Budget.

Nyungwe Forest

Im Südwesten. Hier kann man vor allem geführte Touren zur Affenbeobachtung machen. Schimpansentracking kostet 90 US-Dollar pro Person. Im Vergleich zu den Gorillas natürlich ein Schnapper. Uns war es das Geld trotzdem nicht wert.

Akagera

Im Osten. Bietet afrikanische Wildnis in klein: ein paar Antilopen, Zebras, Büffel, Giraffen, Krokodile und Nilpferde. Es gibt auch einige wenige, neu ausgewilderte Löwen und Nashörner. Eintritt 35 US-Dollar pro Person. Zusätzlich ist ein Guide erforderlich für 30 US-Dollar. Den Preis für Autos mit internationalem Kennzeichen haben wir nicht finden können, wären ja aber so schon bei 100 US-Dollar für einen Tag im Park.

Unser Fazit

Nicht das wir hier knickerig und knausrig erscheinen wollen, aber nach sieben Monaten im südlichen Afrika haben wir viele wunderbare Parks gesehen. Und, das muss an dieser Stelle mal erwähnt sein, die Preise dort sind deutlich moderater. Selbst in berühmte Parks wie Etosha in Namibia oder die Zentralkalahari in Botswana kommt man für weniger als 25 Euro am Tag.

Da kann Ostafrika leider nicht mithalten. Zumal man hier aus uns unerklärlichen Gründen für das Auto mit ausländischem Kennzeichen überall ordentlich zur Kasse gebeten wird. Da überlegen wir uns eben zweimal, wo wir unser hart verdientes Geld lassen.

In Ruanda jedenfalls schon mal nicht. Da hat auch nicht geholfen, dass ein deutscher Bekannter, der in Kigali lebt, auf die Frage »was ihm am besten in Ruanda gefalle« antwortete: »Die Gorillas und Vulkane im Kongo.«

Unsere Route durch Ruanda

Unterwegs waren wir mit dem Reiseführer aus dem Hause Reise Know-How. Empfehlen würden wir außerdem den englischen Bradt Guide zu Ruanda.

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