Sieht der Malawisee nicht herrlich aus? Und es hat mal wieder 35 °C. Da möchte man doch am Liebsten gleich hinein springen. Doch halt. Hier lauert eine unsichtbare Gefahr… Bereits im Vorfeld haben wir recherchiert, dass es in Teilen des Malawisees Bilharziose gibt. Doch was genau ist das eigentlich?
Also Bilharziose oder auch Schistosomiasis ist eine Wurmerkrankung, ausgelöst vom sogenannten Pärchenegel. Tatsächlich heißt der so, weil erwachsene Würmer meist zusammen auftreten und das Weibchen nach dem Sex in der Bauchfalte des Mannes lebt. Klingt niedlich. Ist aber nicht so. Die Larven der Würmer benutzen Wasserschnecken als Zwischenwirt und wenn ein Mensch vorbeikommt, nutzen sie die Gelegenheit und bohren sich durch die Haut. Das ist schon mal hilfreich, denn wenn man Bilder im Internet sucht, merkt man schnell, dass einem kaum verborgen bleibt, falls man wirklich von Larven befallen wird (vergleiche Cerkariendermatitis). Jedenfalls wandern die Larven über die Blutbahn weiter zur Leber, wo sie sich vermehren und zum Wurm heranwachsen. Von dort verteilen sie sich dann weiter in Harnblase, Darm, Lunge und/oder Gehirn und der Hauptwirt, respektive Mensch, bekommt dadurch entsprechende Beschwerden: Blut im Urin und Schmerzen beim Pinkeln, Blutungen im Magen-Darm-Trakt, Leberzirrhose oder Husten. Durch den Parasitenbefall kann es außerdem zu systemischen Reaktionen kommen wie Fieber, Schwäche und Abgeschlagenheit . Letztlich können natürlich die Organe so weit geschädigt werden, dass der Verlauf für den Endwirt tödlich sein kann. Soviel als unangenehme Information vorab.
Besagte Schnecken, in denen die Larven residieren, gibt es nun also im Malawisee, vor allem in Ufernähe mit viel Vegetation. Allerdings sagte uns die Besitzerin vom Chembe´s Eagles Nest,man solle sich nicht den Kopf über Bilharziose zerbrechen sondern Angst vor Malaria haben. Das sei hier das größere Problem. (Alles klar, Malariaprophylaxe nehmen wir.) Sicherheitshalber fischt trotzdem ein Angestellter morgens Äste und anderes Treibgut aus dem Wasser. Tatsächlich scheint aktuell das Risiko für Bilharziose im Süden des Sees am höchsten zu sein. Und falls Ihr nicht mühsam recherchieren wollt, gibt es im Malawisee zwei Arten von Pärchenegeln und zwar Schistosoma haematobium und Schistosoma mansoni. Das wird später noch einmal von Bedeutung sein.
Denn was mache ich nun also mit all den Informationen? Viele Reisende, die wir getroffen haben, haben einfach ein paar Wochen nach dem Bad im See ein Wurmmittel eingenommen. Also habe auch ich versucht, besagtes Wurmmittel in Lilongwe zu besorgen und einen Laden, den ich für eine Apotheke hielt, aufgesucht. Allerdings hat sich rasch gezeigt, dass ich mich in einem Geschäft für Nahrungsergänzungsmittel befunden habe. Vier Angestellte stürzten sich auf mich, um mir Vitamine zu verkaufen. Kann man sich ja vorstellen, wie oft da Kunden vorbeikommen. Jedenfalls hatte ich danach keine Lust mehr und habe den Einkauf auf später verschoben. Allerdings haben wir nur noch halbherzige Versuche unternommen, denn mittlerweile war uns klar, dass man mit der Einnahme vier bis sechs Wochen nach einem möglichen Befall warten muss , damit die Larven schon Würmer sind.
Also hatte ich mir überlegt, das Mittel eben nach dem Urlaub in Deutschland zu organisieren. Doch das war ehrlich gesagt eine blöde Idee, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot und was in Malawi für nen Appel und ein Ei zu haben ist, kostet hier 115,00 € pro Packung, da Wurmbefall in unseren Breitengraden nicht mehr so häufig ist. Das Medikament heißt Biltricide und der Wirkstoff ist Praziquantel. Die Dosierung richtet sich nach der Schistosomenart (wir erinnern uns an Schistosoma haematobium und mansoni). Jedenfalls bin ich mit der Packung nach Hause geschlurft und habe dann festgestellt, dass man so viel davon nehmen muss, dass eine Packung nicht für zwei Leute reicht. Da ich aber nicht gewillt war, nochmal 115,00€ hinzulegen, ist mir ein neuer Einfall gekommen: Tatsächlich kann man relativ einfach beim Hausarzt Blut abnehmen lassen und im Labor auf Antikörper gegen Schistosomen untersuchen lassen. Gesagt getan. Der Test kostet „nur“ 57,65 € und bestimmt Antikörper gegen Schistosoma mansoni. Im Labor habe ich nachgefragt und erfahren, dass es „Kreuzreaktionen“ gibt und der Test auch bei Schistosoma haematobium positiv gewesen wäre. Somit sind wir also bis auf weiteres bilharziosefrei und haben uns die Nebenwirkungen von Praziquantel gespart. Im Labor hat man mir zwar auch gesagt, ich solle den Test in sechs Wochen nochmal wiederholen, wenn ich ganz sicher sein will. Aber ich versuche einen Mittelweg zwischen afrikanischer Gelassenheit und deutscher Übervorsicht zu finden. Für uns gibt es bis auf Weiteres keinen Hinweis, dass wir von Würmern befallen sind, deshalb hake ich das Thema erstmal ab. Und für den Notfall habe ich noch Biltricide im Schrank. Das Medikament konnte ich leider nicht zurück geben…
Zusammengefasst scheint mir am Einfachsten, entweder das Wurmmittel im Urlaub zu erstehen und ggf. auch prophylaktisch einzunehmen oder die Laboruntersuchung nach der Reise zu Hause durchführen zu lassen. Sicherheitsbewusste schwimmen am besten nicht im Malawisee und die ganz Mutigen begnügen sich mit dem Ratschlag einer Neuseeländerin, die wir unterwegs kennen gelernt haben und die gerade als Lehrerin in Lilongwe arbeitet. Der Arzt vor Ort hat ihr geraten: „einfach die Füße immer oben haben, weg vom Boden“. Noch Fragen?
Wie immer möchte ich darauf hinweisen, dass das nur meine persönliche Meinung als Reisende ist und ausdrücklich kein ärztlicher Rat. Wenn Ihr Fragen habt, lasst Euch unbedingt ausführlich beim Tropenmediziner beraten.
Zur Not kann man auch auslosen, wer die Wurmmittelpackung kriegt, oder Streichhölzer ziehen. Oder ihr spielt ein Quiz darum, verpackt in einem spannenden Event mit Freunden. :-)
Vielleicht noch hilfreich für die Unentschlossenen: wir sind täglich im Malawisee geschwommen und zwar mehrmals! Es geht gar nicht anders. Das Wasser ist zu herrlich. Und schnorcheln und tauchen kann man ganz wundervoll. Ich hab tatsächlich einfach die Füße oben gelassen. Interessanterweise musste ich meinen Internisten und sein Laborteam erst fortbilden, was Bilharziose ist, bevor ich endlich den Test bekam ;-)
Pingback: Rückblick 2014 - Giraffe 13
Pingback: Jahresrückblick 2014 - Giraffe 13
Pingback: Malawi - Infos und Reisetipps für Deinen nächsten Roadtrip